Ein Gastbeitrag von Florian Freund.
Schon als das Fahrrad aus heutiger Sicht noch in den Kinderschuhen steckte, werden die ersten Publikationen über seine Geschichte veröffentlicht.
Bereits 1884 erscheint in Mannheim ein dünnes Buch unter dem Titel „Draisine, Velociped und deren Erfinder Freiherr Carl von Drais“. Verfasst wurde es von Ernst Noetling – es handelt sich wohl um die erste deutsche Publikation, die sich vor einem historischen Kontext ausführlich mit Drais und den Anfängen der Fahrradentwicklung beschäftigt.1
In Leipzig findet 1889 die erste große deutsche Fahrradmesse statt. Dort wird neben anderen historischen Fahrrädern auch eine originale Laufmaschine ausgestellt, die aus dem Nachlass des Freiherren von Drais stammen soll.2 Im November dieses Jahres zitiert die Zeitschrift Radfahr-Chronik einen Artikel des Leipziger Tagblattes, der erforscht, um wen es sich eigentlich bei Drais handelte. Diese Abhandlung enthält auch einige Quellenagaben, was bei einem normalen Zeitungsbericht eher unüblich ist.3 Das Interesse an Drais wächst in diesen Zeit – 1890 beschließt man auf dem Bundesfest des Deutschen Radfahrer-Bundes, für ein Drais-Denkmal zu sammeln.4
Ein weiterer Drais-Forscher ist Dr. Thomas Cathiau, der unter anderem auch ehrenamtlicher Archivar in Karlruhe ist. Er veröffentlicht 1893 im Festbuch zur Enthüllung des Drais-Denkmals in Karlsruhe eine kurze Biografie über den Laufmaschinenerfinder.5
Der nächste wichtige Beitrag über Karl Drais stammt von Franz Maria Feldhaus. Er publiziert 1903 in der Deutschen Radfahrer Zeitung einen Artikel über das Leben von Karl Drais. Leider macht er keine Quellenangaben, deshalb lassen sich manche seiner Aussagen nicht überprüfen. Wie zum Beispiel die These, Drais habe seine Laufmaschienen beim Stellmacher Frey in Mannheim bauen lassen – eine bisher unbelegbare Annahme, die bis heute häufig zitiert wurde.6
Die bis dahin wichtigste Arbeit über Karl Drais erscheint 1985 – es handelt sich um die Doktorarbeit von Michael Rauck. Diese Arbeit enthält eine unglaubliche Anzahl an transkribierten und faksimilierten Originalquellen. Rauck hat nicht nur unzählige Zeitungsberichte erschlossen, sondern auch umfangreiche Archivrecherche betrieben. Vor allem der riesige Bestand des Badischen Generallandesarchiv Karlsruhes wurde von ihm akribisch gesichtet und aufgearbeitet.
Das Buch hat einen stark wissenschaftlichen Charakter, seine Struktur und seine Gliederung richten sich nach den Fragestellungen der Forschungsarbeit, damit ist es keine unterhaltsame Biografie – obwohl es sehr allgemeinverständlich geschrieben ist. Für jeden der sich wirklich für die Anfänge des Fahrrades und das Leben von Karl Drais interessiert ist dieses Buch trotzdem ein Muss.
Es legte den Grundstein für alle weiteren Publikationen über Drais, vor allem, weil es so gut wie alle wichtigen Quellen erschließt. Sämtliche Autoren, die später über Drais publizieren stützen sich massgeblich auf die unglaubliche Rechercheleistung von Michael Rauck.
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Quellen
1 Ernst Noethling: „Draisine, Velociped und deren Erfinder, Freiherr Carl von Drais aus Karlsruhe (Baden)“, Mannheim, 1884
2 Radfahr-Humor, 15. März 1889, S. 185
3 Radfahr-Chronik, 1. Nove,ber 1889, S. 54
4 Radfahr-Chronik, 1. November 1890, S. 71
5 Festbuch zur Enthüllungsfeier des Draisdenkmales in Karlsruhe erwähnt in Radfahr-Chronik, 28. Oktober 1893, S. 147
6 Wolfgang König: Die technikhistorische Forschung in Deutschland von 1800 bis zur Gegenwart, 2007, S. 117
Der Vater der modernen Drais-Forschung ist heute fast ein wenig in Vergessenheit geraten.
Und sein Buch „Karl Freiherr Drais von Sauerbronn“ ist nur schwer antiquarisch zu bekommen.
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*Florian Freund ist Fotograph und Autor des Buches Velo Evolution. Derzeit arbeitet er an einem neuen Buch zur deutschen Fahrradgeschichte.